Bewegungsökonomie

Die wichtigste Fähigkeit des Lebens

Bewegungsökonomie ist die am leichtesten zu begreifende und wichtigste Eigenart des Lebens. Sie besagt: wende nur das an Energie auf, was nötig ist. Wendest Du mehr an, verbrauchst Du Lebensenergie – Dein Verhalten ist unökonomisch. Dies gilt besonders für die Skelettmuskulatur, wenngleich auch andere Organsysteme gestört werden können. Diese wissen sich jedoch in derlei Situationen selbst zu helfen. Die Ökonomie unseres Herzens oder Blutkreislaufes können wir zwar durch unser Verhalten negativ manipulieren, aber die eigentliche muskuläre Arbeit des Herzmuskels und die rhythmische Steuerung der Gefäße wird ökonomisch weiterarbeiten. Anders gesagt: wir können unseren Blutkreislauf durch ein Zuviel oder Zuwenig an Anregung beeinflussen, positiv wie negativ; aber die eigentliche physiologische Arbeit wird von der Körperintelligenz bestmöglich ausgeführt. Dies gilt für äußere Bewegungen in dem Maße nicht, denn die willkürliche Skelettmuskulatur ist jederzeit anfällig für unökonomisches Verhalten.

Verspannungen sind unökonomisch

Wer andere Menschen beobachtet, erkennt die vergeudete Energie besonders in Form von Verspannungen in Kiefer, Schultern, Bauch oder Beckenboden. Auch alle anderen Muskelgruppen sind, je nach Typ und Eigenart, betroffen. Sie sind so allgegenwärtig, dass sie niemandem auffallen, denn: gleich und gleich gesellt sich gern. Wenn man Kleinkinder oder Tiere beobachtet, bekommt man ganz ohne wissenschaftliche Vorgabe die bestmögliche Ökonomie präsentiert. Dies ist ein wichtiger Grund, warum viele diese Lebewesen so anziehend, beruhigend und vor allen Dingen wirklich finden. Auch der Erwachsene hat einen instinktiven Mechanismus, der es ihm verbieten könnte, seine Natürlichkeit derart häufig zu verlieren. Doch die kulturellen Gepflogenheiten, die den körperlichen Ausdruck in hohem Maße regeln, erweisen sich als mächtiger Klotz, insbesondere mit der Gewohnheit, emotionale Befindlichkeiten zu bagatellisieren.

 

Lieber natürlich statt schön

Wer nicht gelernt hat, wie man einen Stift hält, welches Zuviel und Zuwenig von Muskeleinsatz beim Schreiben gebraucht wird, wie Schulter, Brustkorb und Kopf die Bewegung begleiten; sondern wer gelernt hat, wie man richtig und wie man schön schreibt, der hat seine Ökonomie aus dem Bewusstsein verdrängt. Das kann man beim Akt des Schreibens dann anhand einer unnötigen Verkrampfung der Unterarme und Finger, ja selbst des Beckenbodens, der Zehen oder anderer entfernter Muskeln als unökonomisch enttarnen. Diese Probleme gibt es bei allen Bewegungsformen, auch den einfachen wie Stehen, Gehen oder Sitzen. Mit Hilfe der Biomechanik, der messbaren Analyse des Körpers und seinen strukturellen Belastungen, den Bezugswerten von Zug und Druck, lassen sich diese Ungleichgewichte mathematisch verdeutlichen und nachempfinden. Das heißt aber nicht, dass unökonomisches Bewegen ein rein mechanischer Akt ist, der mit entsprechend mechanischen Gegenargumenten gelöst werden kann. Die Lösung ist meist ein ebenso intensiver wie langwieriger Prozess, analog dem Anlernen solcher Muster.

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